Kerzen
Kerze anzündenSabine&Hannes Harreither
Oma
Ich bin Journalistin, Texterin, Autorin. Ich verdiene mein Geld also mit Worten.
Ich bin aber auch die älteste Enkelin aus der Hilmbauer-Sippe und als solche fehlten mir die Worte, als ich vom Tod unserer Oma hörte. Bei meinem letzten Besuch war sie zuversichtlich, hat sich auf die Taufe von Johanna-Marie gefreut, mich gefragt, wann ich endlich heiraten werde, wohin es in den Urlaub geht und weshalb Krankenhäuser so langweilig sind.
Denn Oma war nicht nur eine sehr fürsorgliche Frau. Sie war auch humorvoll und immer für einen Spaß zu haben. Der Schalk hat ihr manchmal aus den Augen geblitzt, vor allem, wenn sie beim Schnapsen ein besonders gutes Blatt hatte. Sie hat mit uns stundenlang gespielt und wenn wir alle Brett- und Kartenspiele durch hatten, hat sie einfach Spiele für uns erfunden. Die Regeln für die meisten davon kennen wahrscheinlich nur die Hilmis und Schmidis.
Wenn wir bei Oma übernachteten, war das für uns immer ein Highlight. Abends durften wir nämlich mit ihr und Opa „Peter Steiners Theaterstadl“ anschauen, Eis und weiße Semmeln essen. Oma baute mit uns schon in den 1980ern Schneefrauen genauso wie Schneemänner, versteckte Osternesterl für uns und backte jedes Jahr eine ganze Batterie Osterlämmchen für die wachsende Enkelschar.
In ihren 90 Jahren auf dieser Erde hat Oma viel miterlebt, nicht nur dank ihrer wilden Jungs. Sie war dabei, als der Schilling von der Reichsmark abgelöst wurde, der Schilling wieder kam und der Euro den Schilling ersetzte. Oma ist in einer Zeit aufgewachsen, in der ein Auto zu haben, noch eine Besonderheit war. Sie erlebte, wie alle Häuser Telefonanschlüsse bekamen, die Mondlandung und das Kennedy-Attentat stattfanden, der erste eigene Fernseher kam --- Computer, Handy, 9/11 und alles, was dann folgte.
Doch Oma schien nichts wirklich erschüttern zu können, sie nahm Vieles hin – außer, man wagte es, Essen abzulehnen oder bei ihren Keksen nur einmal zuzugreifen. Da verstand sie keinen Spaß. Schlankheitswahn war ihr ein Gräuel, dagegen kämpfte sie unter anderem mit ihrem legendären Nussguglhupf an. Ihr Geheimrezept dafür beginnt mit 20 dag Butter, 25 dag Zucker und 10 dag Schokolade und ich verspreche, ihn jedes Jahr an ihrem Geburtstag zu backen.
Oma wird uns fehlen, jeden Tag. Wir werden bei unseren Feiern und Zusammenkünften einen Platz in unserer Mitte für sie lassen und unsere Familientraditionen hochhalten. Oma, wir hoffen, du prostest uns an Weihnachten auch von da, wo du jetzt bist, mit einem Glas Sekt zu.
In stiller Anteilnahme
In Stille Gedenken